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Stellungnahme zum Entwurf einer Approbationsordnung für PsychotherapeutInnen (PsychTh-ApprO)

Am 26. Sep­tem­ber 2019 wur­de das Gesetz zur Reform der Psy­cho­the­ra­peu­ten­aus­bil­dung (PsychThG) vom Deut­schen Bun­des­tag beschlos­sen, wel­ches am 01. Sep­tem­ber 2020 in Kraft tre­ten wird. Zeit­gleich mit dem Inkraft­tre­ten des Geset­zes, soll auch die neue Appro­ba­ti­ons­ord­nung (PsychTh-ApprO) am 01. Sep­tem­ber 2019 in Kraft treten.

Das PsychThG sieht vor, nach einem erfolg­rei­chen Mas­ter­ab­schluss, das Bestehen der staat­li­chen psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Prüfung als Vor­aus­set­zung für die Antrags­stel­lung auf Ertei­lung der Appro­ba­ti­on fest­zu­le­gen. Der Ent­wurf (PsychTh-ApprO) umfasst die Rege­lun­gen über die Aus­bil­dung, Prüfung und Approbation.

Stel­lung­nah­me der Inter­es­sen­ge­mein­schaft der Psy­cho­ana­ly­se an Uni­ver­si­tä­ten e.V. zum Refe­ren­ten­ent­wurf des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Gesund­heit zum Ent­wurf einer Appro­ba­ti­ons­ord­nung für Psy­cho­the­ra­peu­tin­nen und Psy­cho­the­ra­peu­ten (PsychTh-ApprO)

Die Inter­es­sen­ge­mein­schaft der Psy­cho­ana­ly­se an Uni­ver­si­tä­ten e.V. moniert den Refe­ren­ten­ent­wurf einer Appro­ba­ti­ons­ord­nung für Psy­cho­the­ra­peu­tin­nen und Psy­cho­the­ra­peu­ten des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Gesundheit.

Der­zeit wer­den an den staat­li­chen Hoch­schu­len 59 von 60 kli­ni­schen Lehr­stüh­len von ver­hal­tens­the­ra­peu­tisch aus­ge­bil­de­ten Pro­fes­so­ren besetzt. Der Stu­di­en­gang Psy­cho­lo­gie lehrt die Stu­die­ren­den aus­schließ­lich in Ver­hal­tens­the­ra­pie, jedoch nicht gleich­wer­tig in allen ande­ren wis­sen­schaft­lich aner­kann­ten Ver­fah­ren, wie der tie­fen­psy­cho­lo­gisch fun­dier­ten, ana­ly­ti­schen und sys­te­mi­schen Psy­cho­the­ra­pie. Wir sind gegen eine uni­la­te­ra­le Aus­rich­tung der psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Leh­re und For­schung. Im Refe­ren­ten­ent­wurf wird zur Anla­ge 2, S.98, fol­gen­des fest­ge­hal­ten: „Um den ver­fah­rens­über­grei­fen­den Ansatz des Stu­di­ums sicher­zu­stel­len, ist ganz beson­ders im Mas­ter­stu­di­en­gang dar­auf zu ach­ten, dass den Stu­die­ren­den die unter­schied­li­chen psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Ver­fah­ren und Metho­den bis zum Ende des Stu­di­ums hin in ihren Grundzügen bekannt sind, sie die grund­le­gen­den Metho­den oder Tech­ni­ken die­ser Ver­fah­ren ken­nen und ausgewählte Metho­den oder Tech­ni­ken auch anwen­den können.“

Wie soll bei einer aktu­el­len Mono­pol­stel­lung der Ver­hal­tens­the­ra­pie die Frei­heit von Leh­re und For­schung gewähr­leis­tet wer­den? Psy­cho­the­ra­pie-Absol­ven­ten wer­den nach Been­di­gung des Stu­di­ums nicht über aus­rei­chend fach­kun­dig ver­mit­tel­te Kennt­nis­se der vier wis­sen­schaft­lich aner­kann­ten Psy­cho­the­ra­pie­ver­fah­ren ver­fü­gen, um eine ver­nunft­ba­sier­te Wahl bezüg­lich der Wei­ter­bil­dung tref­fen zu kön­nen. Bleibt eine Anpas­sung der Stu­di­en­in­hal­te an die Ver­fah­rens­viel­falt wei­ter­hin aus, trägt dies außer­dem zu dem Anschein bei, dass es nur ein psy­cho­the­ra­peu­ti­sches Ver­fah­ren gäbe und die ande­ren sozi­al­recht­lich aner­kann­ten Ver­fah­ren nicht exis­tier­ten. Die zu ver­mit­teln­den Kom­pe­ten­zen sol­len folg­lich in allen vier wis­sen­schaft­li­chen aner­kann­ten Ver­fah­ren, die vom Wis­sen­schaft­li­chen Bei­rat Psy­cho­the­ra­pie klar defi­niert sind, gelehrt wer­den. Der bestehen­de Fokus auf die Ver­hal­tens­the­ra­pie wird sich mit dem neu­em Psy­cho­the­ra­pie­stu­di­um nur noch mehr zuspit­zen, sofern die Inhal­te aller Ver­fah­ren (wei­ter­hin) von dar­in nicht qua­li­fi­zier­ten Hoch­schul­leh­rern ver­mit­telt und beforscht wer­den. Wie soll der „ver­fah­rens­über­grei­fen­de Ansatz des Stu­di­um“ mit dem sta­tus quo der uni­ver­si­tä­ren Leh­re sicher­ge­stellt werden? 

Als Ver­ein und Inter­es­sen­ver­tre­tung der Stu­die­ren­den, der sich haupt­säch­lich für die Inklu­si­on der psy­cho­dy­na­mi­schen Ver­fah­ren an Uni­ver­si­tä­ten ein­setzt, sehen wir hier eine ent­schei­den­de Pro­ble­ma­tik: Die gra­vie­ren­de Ein­sei­tig­keit der Leh­re im der­zei­ti­gen Psy­cho­lo­gie­stu­di­um, bei der meist Psy­cho­the­ra­pie mit Ver­hal­tens­the­ra­pie gleich­ge­setzt wird, droht nun auch im künf­ti­gen Psy­cho­the­ra­pie­stu­di­um fort­ge­führt und wei­ter fest­ge­schrie­ben zu werden.

Wei­ter­hin möch­ten wir beto­nen, dass die pre­kä­re Lage der PiA bis­her nicht beho­ben wur­de. Die Novel­lie­rung der Aus­bil­dung sieht frei­lich eine Bezah­lung vor, die u.E. nicht dem Anspruchs­ni­veau des Psy­cho­lo­gie-Stu­di­ums ent­spricht. Im All­ge­mei­nen Teil der Begrün­dung S.74 wer­den Manage­ment­re­geln zur Nach­hal­tig­keits­stra­te­gie auf­ge­führt: „Unter Annah­me wei­ter­hin hoher Per­so­nenen­zah­len, die einen Bedarf an psy­cho­the­ra­peu­ti­scher Ver­sor­gung haben, gilt es, frühzeitig die Wei­chen hin zu einer zukunfts­ori­en­tier­ten moder­nen Psy­cho­the­ra­peu­ten­aus­bil­dung zu stel­len, die die Berufsangehörigen in die Lage ver­setzt, ihrer Auf­ga­be dau­er­haft nach­zu­kom­men. Hier ist es wich­tig, die Attraktivität eines bereits hoch­at­trak­ti­ven Berufs zu erhal­ten, indem Anlie­gen der bis­he­ri­gen Aus­bil­dungs­teil­neh­me­rin­nen und ‑teil­neh­mer ins­be­son­de­re nach einer bes­se­ren finan­zi­el­len Absi­che­rung während der Aus­bil­dung durch die Änderung der Aus­bil­dungs­struk­tur Rech­nung getra­gen wird.“

Es wird gesetz­lich nicht gere­gelt, wie die „finan­zi­el­le Absi­che­rung“ und der sozi­al­recht­li­che Sta­tus der PiA zukünf­tig aus­se­hen soll. Wie kann von einem „hoch­at­trak­ti­ven Beruf“ die Rede sein, wenn immer noch kei­ne fai­ren Über­gangs­re­ge­lun­gen existieren?

Ins­ge­samt bie­ten wir eini­ge Vorschläge

  • Mas­ter Psy­cho­lo­gen in PsychThG-Aus­bil­dung wer­den genau­so hono­riert wie Mas­ter Psy­cho­the­ra­peu­ten in Weiterbildung.
  • Das PiA Gehalt in ambu­lan­ten Aus­bil­dungs­be­hand­lun­gen wird nach oben ange­setzt (Gewähr­leis­tung der Ent­spre­chung eines hoch­at­trak­ti­ven Berufs).
  • Der sozi­al­recht­li­che Sta­tus der PiA muss geklärt wer­den, eine offi­zi­el­le Beschäf­ti­gung in einem Prak­ti­kums­ver­hält­nis wäh­rend der Aus­bil­dung bei voll­um­fäng­li­cher Ver­ant­wor­tung für die Pati­en­ten ist nicht akzeptabel.
  • Psy­cho­the­ra­pie darf nicht gleich­ge­setzt wer­den mit Ver­hal­tens­the­ra­pie, d.h.: auch die ande­ren Ver­fah­ren müs­sen von dar­in qua­li­fi­zier­ten Hoch­schul­leh­rern und Dozen­ten unter­rich­tet wer­den. Hier­für müs­sen die Dozen­ten der Aus­bil­dungs­in­sti­tu­te invol­viert wer­den, um die Ver­fah­rens­viel­falt sicherzustellen.
  • Auch müs­sen die zu erwer­ben­den Kom­pe­ten­zen und die Modu­le z.B. des Abschnit­tes „Die Berufs­qua­li­fi­zie­ren­de Tätig­keit II + III“ hin­sicht­lich der Ver­fah­rens­viel­falt über­ar­bei­tet werden.
  • Ver­stärkt wird die­se Pro­ble­ma­tik zu kur­zer Über­gangs­fris­ten durch die ange­spro­che­nen Ver­gü­tungs­miss­stän­de und durch den bei psy­cho­dy­na­mi­schen Ver­fah­ren län­ge­ren Aus­bil­dungs­weg. Stu­die­ren­den, die ihren Stu­di­en­ab­schluss weit nach 2020 errei­chen, soll­te nicht durch eine Über­gangs­frist von 12 Jah­ren die Mög­lich­keit zur Wei­ter­bil­dung genom­men wer­den. Gera­de auch vor dem Hin­ter­grund, dass für das Berufs­feld des Psy­cho­the­ra­peu­ten per­sön­li­che Wei­ter­ent­wick­lung und Lebens­er­fah­rung erfor­der­lich sind, erscheint eine star­re Regu­la­ti­on der Aus­bil­dungs­zeit wenig ziel­füh­rend. Die Über­gangs­lö­sung muss vor und nicht „nach dem Gesetz“ fest­ge­legt werden.
  • Es bleibt zu beden­ken, dass an den wenigs­ten Uni­ver­si­tä­ten die Inte­gra­ti­on der Stu­die­ren­den in die psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Pra­xis aller Ver­fah­ren gewähr­leis­tet ist. Hier for­dern wir eine Umset­zung die­ser gefor­der­ten Einbindungen.
  • Bei Auf­wer­tung ambu­lan­ter grup­pen­psy­cho­the­ra­peu­ti­scher Behand­lung in der Pra­xis, for­dern wir eine Inte­gra­ti­on der theo­re­ti­schen Hin­ter­grün­de für grup­pen­psy­cho­the­ra­peu­ti­sche Behand­lung in die Ausbildung.
  • Wir for­dern kla­re Aus­sa­gen dar­über, was für Alter­na­ti­ven nach dem Stu­di­um bestehen, wenn Stu­die­ren­de sich dage­gen ent­schlie­ßen die Appro­ba­ti­ons­prü­fung abzu­le­gen. Denn die Ent­schei­dung zum Beruf des Psy­cho­the­ra­peu­ten muss mit der Reform des Stu­di­en­gan­ges weit­aus eher getrof­fen werden.
  • Wir for­dern stär­ke­ren Ein­be­zug der Prak­ti­kan­ten in die Arbeits­ab­läu­fe in Kli­ni­ken, da erst dadurch not­wen­di­ge Kennt­nis­se erwor­ben wer­den können.
  • Gleich­zei­tig for­dern wir, die Inti­mi­tät der the­ra­peu­ti­schen Situa­ti­on zu wah­ren. Dies steht der essen­ti­el­len Ein­bin­dung der Stu­die­ren­den dia­me­tral gegen­über und stellt ein Pro­blem dar, des­sen Lösung bis­her unklar geblie­ben ist.

Mit die­ser Stel­lung­nah­me machen wir von unse­rem Recht Gebrauch an die Frei­heit von For­schung und Leh­re aller wis­sen­schaft­lich aner­kann­ten Psy­cho­the­ra­pie­ver­fah­ren zu appel­lie­ren. Wir bit­ten Sie dafür Sor­ge zu tra­gen, dass die oben genann­ten Män­gel im künf­ti­gen Stu­di­en­gang Psy­cho­the­ra­pie beho­ben wer­den. Dass es fai­re Über­gangs­lö­sun­gen für Psy­cho­lo­gie­stu­den­ten geben wird. Dass vor allem die Ver­fah­rens­viel­falt in Leh­re und For­schung im neu­en Stu­di­en­gang Psy­cho­the­ra­pie end­lich gewähr­leis­tet wird. Und sich die Situa­ti­on für psy­cho­ana­ly­tisch Inter­es­sier­te Wei­ter­bil­dungs­kan­di­da­ten nicht noch wei­ter verschlechtert.

Um unse­ren Vor­schlä­gen Nach­druck zu ver­lei­hen, und um unse­re Beweg­grün­de näher zu erläu­tern, wür­den wir gern am 19.11.2019 an der Anhö­rung im Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Gesund­heit teilnehmen.

Mit freund­li­chen Grü­ßen
die Inter­es­sen­ge­mein­schaft der Psy­cho­ana­ly­se an Uni­ver­si­tä­ten e.V. (IDPAU e.V.)