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„Hunger ermöglicht es Mauern um das Ich zu bauen“, zitierte Frau Dr. Imhorst aus der Literatur von
Christina von Braun, einer Kulturtheoretikerin, Autorin und Filmemacherin. Neben einem Einblick in den kulturwissenschaftlichen Ansatz von Christina von Braun, stellte Frau Dr. Imhorst am 02.09.2013 an der Bergischen Universität Wuppertal triebpsychologische und objekttheoretische Fragmente zum Thema Magersucht vor. Besonders die abschließenden Fallgeschichten brachten die Problematik dieser schweren Erkrankung einfühlend näher.
Magersucht ist eine schwer behandelbare, bei Außenstehenden häufig mit Faszination, Angst und Irritation verknüpfte und mit einer hohen Sterblichkeitsrate verbundene psychische Erkrankung. Sie bricht in der Pubertät aus, was sie von einer Bulimie unterscheidet, die in der Adoleszenz entsteht. Ausgehend von diesen unterschiedlichen Entwicklungsphasen entstehen für die Betroffenen verschiedene Entwicklungsauflagen, die Störpotentiale entfalten und in einer dieser Essstörungen münden können. Für die Pubertät ist die Veränderung des Körpers ein wesentlicher Aspekt. Das innere Bild von sich Selbst wird verändert und die damit verbundene Integration des sexuellen Körpers kann als erste Aufgabe dieser Phase verstanden werden. Es wird hierbei eine innere Fähigkeit gefordert, diese Veränderungen annehmen zu können. Auch das Körpergefühl, welches die Eltern dem Kind seit der Geburt zum Beispiel in der Art der Betrachtung des Körpers des Kindes mitgeben, ist hier von Bedeutung.
Die anschließende Aufgabe besteht in der Lösung der nahen Bindung zu den Eltern, was häufig von einem wehmütigen Grundgefühl bezüglich der steigenden Unabhängigkeit und der Entfernung zu den Eltern begleitet wird. Die Beziehungen zu Gleichaltrigen sind nun sehr wesentlich und helfen bei der Weiterentwicklung, da sich Mädchen und Jungen untereinander vergleichen, was beispielweise bei Mädchen mit Schminken oder shoppen und bei Jungen mit Sport verwirklicht werden kann. Verläuft diese Loslösung von den Eltern gut, wird sie wenig wahrgenommen und die erste Sexualität folgt. Zudem hat auch kulturtheoretisch betrachtet das Essen eine große Bedeutung.
Nahrungsverweigerung kann als Versuch der Erlangung von Autonomie verstanden werden, nichts und niemanden brauchen zu müssen, was aber nicht möglich ist, denn allein Selbstdefinition benötigt den Anderen zum Vergleich und zur Abgrenzung.
In verschiedenen Kulturen wird Essen als Synonym für Geschlechtsverkehr verstanden. Sexuelle Themen können deshalb leicht durch Essens-Themen ersetzt werden, wenn unlösbar erscheinende unbewusste Konflikte eine regressive Bewegung in Gang setzen. Überdies hat auch die Nahrungsverweigerung eine lange Tradition. Bereits im Mittelalter haben sich wohlhabende Frauen entschlossen, ins Kloster zu gehen, und besonders durch eine Nahrungsverweigerung erfuhren sie Verehrung und Heiligkeit. Der Hungerstreik ist auch in der neueren Zeit ein immer noch sehr mächtiges politisches Instrument. Nahrungsverweigerung kann als Versuch der Erlangung von Autonomie verstanden werden, nichts und niemanden brauchen zu müssen, was aber nicht möglich ist, denn allein Selbstdefinition benötigt den Anderen zum Vergleich und zur Abgrenzung.
Die Suche nach Unabhängigkeit von Anderen kann als Auflehnung gegen eine als ich-los wahrgenommene Mutter verstanden werden, als Abgrenzung gegen die Art, wie sich eine Mutter psychisch aufgibt, die Art, wie sie als Frau lebt. Magersüchtige Töchter lehnen es demnach nicht ab, erwachsen zu werden, sondern so zu werden wie ihre Mutter.
Wir möchten uns noch einmal bei Frau Dr. Imhorst für ihren zweiten sehr interessant gestalteten Vortrag und auch bei den zahlreichen Teilnehmern bedanken!